Personalberatung wurde lange Zeit nur individuell durch geschulte Personalberater betrieben. Die Digitalisierung hält jedoch auch in diesem Geschäftsbereich Einzug, denn riesige Datenmengen im Internet und Profile in Portalen wie XING und LinkedIn müssen analysiert werden. Vor dem Hintergrund dieser zunehmenden technologischen Weiterentwicklung durch Internet, Vernetzung und elektronische Datenanalyse ist es fraglich, ob Personalberater mittel- und langfristig nötig sind, da Algorithmen deren Aufgaben übernehmen können.
Im Zuge des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels ist es für Unternehmen zunehmend schwieriger qualifiziertes Fachpersonal zu rekrutieren. Um eine kurz und langfristige Stellenbesetzung zu garantieren, greifen Unternehmen darum auch auf externe Dienstleister, wie Personalberatungen, zurück, um Vakanzen optimal zu besetzen (vgl. Kraft, 2001, S. 508). Das Recruiting erfolgt hierbei durch Stellenausschreibungen sowie durch Active Sourcing in verschiedenen Netzwerken, Jobbörsen, und in eigenen Datenbanken (vgl. Hillebrecht/Peiniger, 2015, S. 71).
Die Vorauswahl von Bewerbern wird meist anhand von Algorithmen getroffen: Algorithmen sind verdichtetes, durch wissenschaftlichen Datenabgleich verifiziertes menschliches Wissen, das in Regeln (Software) zur Anwendung gebracht und stetig verbessert wird (Scheller, 2016). Für Personalberater und auch Bewerber könnte das Recruiting über Algorithmen den entscheidenden Vorteil haben, dass Kandidaten objektiver und damit oft gerechter ausgewählt würden, denn der Algorithmus lässt sich von Alter, Hautfarbe, Geschlecht oder Ethnie nicht beeinflussen. Wichtig zur richtigen Auswahl der Bewerber ist die maßgeschneiderte Programmierung der eingesetzten Software, damit die Ergebnisse der Algorithmus-Analyse brauchbar sind (vgl. stellenpakete, 2015).
Nach der Vorauswahl erfolgen persönliche Gespräche, Interviews oder Assessment Centers mit möglichen Kandidaten (vgl. Hillebrecht/Peniger, 2015, S.72). In diesen Gesprächen wird insbesondere geprüft, ob Kandidaten und Unternehmenskultur der Klienten übereinstimmen (vgl. Uhrig, 2016).
Neben dem Recruiting als Kernaufgabe der Personalberatung erfüllen externe Recruiter meist zusätzlich die Akquise, Betreuung sowie die Beratung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. (vgl. Uhrig, 2016).
Technikgestütztes Recruiting durch Algorithmen bietet heute mehr Möglichkeiten als je zuvor, um Unternehmen und Bewerber zusammenzubringen. Die Auswahl reicht von Robot Recruiting bis hin zu Bewerbermanagementsystemen. Beim Robot Recruiting durchstöbern hochintelligente Robots das Internet mit Algorithmen nach geeigneten Kandidatenprofilen, um das Active Sourcing zu erleichtern und empfehlen den Stellensuchenden automatisiert offene Stellen oder umgekehrt Unternehmen geeignete Kandidaten (vgl. Dämon, 2016). Das Robot Recruiting kann Prozesse vereinfachen und beschleunigen und ist insbesondere bei der Suche nach sehr speziellen Fähigkeiten von Nutzen (vgl. Nienaber, 2016). Außerdem kann es die Suche nach der geeigneten Person bei vielen Bewerbern und ähnlichen Anforderungsprofilen sehr erleichtern. Dies ist beispielsweise der Fall bei Ausbildungsstellen.
Durch Algorithmen können Muster erkannt werden, welche Stellen es am Markt gibt und welche Kandidatenprofile diese Stellen füllen (vgl. Gropp, 2015). Dies zeigt auf, welche Fähigkeiten gerade besonders gefragt sind. Grundsätzlich können Algorithmen in einer Vielzahl von Personalberatungsprozessen eingesetzt werden. Vor allem Recruitingprozesse jener Consultants, die mit einer hohen Anzahl von Kandidaten arbeiten, können dabei durch algorithmische Auswahlsysteme wie dem bereits erwähnten Robot Recruiting schnell und automatisiert und somit effizienter durchgeführt werden. Die Algorithmen können den Personalberatern viel Arbeit abnehmen und die gewonnene Zeit können diese für die interessantesten Kandidaten nutzen. Bei der Betrachtung des Potentials für den Einsatz von Algorithmen in der Personalberatungsbranche wurde dabei in den letzten Jahren vor allem die Executive Search Sparte eher vernachlässigt.
Vertreter dieser Brache wie die Unternehmen Egon Zehnder International, Heads! oder Heidrick & Struggles nutzen im Rahmen der Personalsuche vorwiegend die Instrumente Headhunting und Direktsuche. Diese Personalberatungsunternehmen verfolgen bezüglich ihrer Klienten das Ziel, zentrale Positionen in der Spezialisten- und Führungsebene anforderungsgerecht und nachhaltig zu besetzen (vgl. perwiss, 2016). Um eine möglichst hohe Qualität des Matchings von zukünftigen Top-Mitarbeitern zu gewährleisten, verwenden diese Consultants das Instrument der Direktansprache (vgl. Heidelberger/Kornherr, 2014, S. 126). Dieses basiert zunächst wie üblich auf einer klaren Profil- und Zielgruppenbeschreibung, worauf im Anschluss Personenkreise sowie die aktuelle Beschäftigungsstruktur bestimmt werden. Im zweiten Schritt erfolgt im Rahmen des eigentlichen Matchings die Suche nach geeigneten Kandidaten mit Hilfe von Scheinanrufen bei Unternehmen, Besuchen von Fachmessen, Veröffentlichungen in Fachzeitschriften oder durch die Recherche von Firmenwebsites. Bei Interesse werden potentielle Kandidaten zu ausführlichen Gesprächen außerhalb des Arbeitsplatzes eingeladen. Hierbei werden in individuellen Einzelgesprächen der berufliche Werdegang, die Verfügbarkeit, Ausbildungswege, die aktuelle Führungsverantwortung sowie berufliche Entwicklungswünsche im Hinblick auf Weiterentwicklungen, Entgelt sowie Verantwortlichkeiten erörtert (vgl. Hillebrecht/Peininger, 2015, S. 99f.). Die erforderliche hohe Qualität des Matchings führt hierbei zu einem äußerst hohen Personal- und Zeitaufwand. Vor allem im Rahmen der Erstellung des gewünschten Profils in Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber führt die hohe Komplexität der Anforderungen von Führungskräften darüber hinaus zu einem hohen personellen Aufwand (vgl. Schmidt, 2014, S. 30).
Obwohl es fraglich ist, ob hinsichtlich der hochkomplexen Herausforderungen im Bereich des Executive Search Personalconsultings professionelle Personalberater überhaupt durch Algorithmen ersetzt werden können, ist ein Umbruch in dieser Branche zu erkennen. Innovative Start-Up Unternehmen wie JobRocker oder Instaffo wollen vor allem den Bereich des Matchings von Kandidaten durch Algorithmen effizienter gestalten. Führungskräfte, welche über einen Jobwechsel nachdenken, können diskret über das Online-Portal der Unternehmen ein ausführliches Profil anlegen. Unternehmen, welche eine Führungsposition besetzen möchten, können mithilfe dieser Systeme Kandidatenprofile definieren. Der komplexe Matching-Algorithmus erkennt dabei fachliche und persönliche Übereinstimmungen zwischen Bewerbern und Anforderungsprofilen. Unternehmen erhalten im Anschluss an den Prozess eine Vorauswahl von besonders relevanten Kandidaten (vgl. Jobrocker, 2016; Instaffo, 2016). Diese Plattformen sind dabei in der Lage auch den versteckten Stellenmarkt für Unternehmen zugänglich zu machen (vgl. Exner, 2016).
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Algorithmen die Leistung der erfahrenen Personalberater nicht ersetzen können, jedoch erleichtern sie die Arbeit, indem sie Bewerber, die aufgrund fehlender Qualifikationen nicht in Frage kommen, von dem Prozess ausschließen (vgl. Bauer 2014).
Literatur:
Bauer, P. (2014): Wer spielt im Recruiting die entscheidende Rolle? – Interview durch Weilbacher Jan: Human Resources Manager, http://www.humanresourcesmanager.de/ressorts/artikel/wer-spielt-im-recruiting-die-entscheidende-rolle-11294, 20.05.2016.
Dämon, K. (2016): Recruiting: Wie Start-ups kreative Wege gehen, http://gruender.wiwo.de/recruiting-start-ups-gehen-kreative-wege/?all=1, 20.05.2016.
Exner, A. (2016): Headhunting: Jobrocker rollt Markt über den Preis auf, http://wirtschaftsblatt.at/home/life/dossiers/start_up/4952052/Headhunting_Jobrocker-rollt-Markt-uber-den-Preis-auf, 20.05.2016.
Gropp, M. (2015): Der Algorithmus sucht neue Kollegen aus, http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/mitarbeitersuche-per-datenanalyse-in-personalabteilungen-13597371.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2, 20.05.2016.
Heidelberger, M./ Kornherr, M. (2014): Arbeitsweise des Personalberaters in der Personalrekrutierung, in: Heidelberger, M./ Kornherr, L. (Hrsg.): Handbuch der Personalberatung: Konzepte, Prozesse und Visionen, 2., vollständig überarbeitete Auflage, München (Verlag Franz Vahlen), S. 109 – 240.
Hillebrecht, S./ Peiniger, A. (2015): Grundkurs Personalberatung – Leitfäden, Checklisten und Beispiele für Personaldienstleister, Wiesbaden (Springer Fachmedien).
Instaffo (2016): http://instaffo.com/, 20.05.2016.
Jobrocker (2016), https://www.jobrocker.com/, 20.05.2016.
Kraft, T. (2001): Personalberatung in Deutschland und in der Schweiz. Konzeptionelle Grundlagen und empirische Untersuchungen zur effizienten Gestaltung der Berater-Klienten-Beziehung, Zeitschrift für Personalforschung / German Journal of Research in Human Resource Management, 15, 4, S. 508-512, http://www.jstor.org/stable/23277536, 20.05.2016
Nienaber, G. (2016): „Robot-Recruiting“ – Recruiter vs. Algorithmus, http://www.qrc-group.com/2016/02/robot-recruiting-recruiter-vs-algorithmus/, 20.05.2016.
Perwiss (2016): Headhunter: Top-Personal mit Headhunting gewinnen, http://www.perwiss.de/personalbeschaffung-headhunter-direktsuche.html, 20.05.2016.
Scheller, S. (2016): Algorithmen können menschliche Recruiter ersetzen – Das 4. Blind HR Battle, https://persoblogger.wordpress.com/2015/04/29/algorithmen-konnen-menschliche-recruiter-ersetzen-4-blind-hr-battle-kirchner-gegen-witt/, 20.05.2016.
Schmidt, W. (2014): Das Internet und die Zukunft der Executive-Search-Branche, in: Hofmann, D./ Bergert, G. (Hrsg.): Headhunter: Blick hinter die Kulissen einer verschwiegenen Branche, 2. Auflage, Wiesbaden (Springer Fachmedien), S. 27-34.
Stellenpakete (2015): Robot Recruiting: Rekrutieren via Algorithmus, http://stellenpakete.de/robot-recruiting-rekrutieren-via-algorithmus/, 20.05.2016.
SThree (2016): Jobsuche im Web 2.0 – Auswirkungen der Unternehmensstrategie auf die Stellensuche, Gastvortrag an der Universität Passau von Andrea Uhrig.